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Reichweiten-Analyse von E-Autos

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Reichweiten-Analyse von E-Autos

Unsere Ergänzung zur Geotab-Studie

Geotab hat im Februar eine Studie dazu veröffentlicht, wie sich verschiedene Faktoren –insbesondere Temperatur und Geschwindigkeit – auf die Reichweite von E-Fahrzeugen auswirken. Die Datengrundlage der Studie ist beeindruckend und sie beweist, was viele ahnten. Nämlich, dass die Reichweite von Elektrofahrzeugen bei kalten Temperaturen tatsächlich deutlich geringer ist als bei warmen Temperaturen. Wir beziehen uns im Folgenden auf diese Daten sowie den bei Geotab veröffentlichten Artikel und möchten einige – aus Sicht unserer Experten essentiellen – Schlussfolgerungen ergänzen. Den Artikel finden Sie hier.

Die Studie gibt hervorragende datenbasierte Einblicke auf Einflussfaktoren auf den Verbrauch. Eine Schlussfolgerung ist, dass eine höhere Geschwindigkeit bei kalten Temperaturen weniger relevant sei als bei warmen Temperaturen. Bei dieser Aussage wird jedoch ein entscheidender Faktor nicht berücksichtigt: die Fahrtstrecke. Der Verbrauch korreliert zwar mit der Geschwindigkeit, jedoch ist sie nicht die eigentliche Ursache für den Mehrverbrauch. Hierfür ist wichtig, den Verbrauch nicht auf die Geschwindigkeit zu beziehen, sondern Strecken anzuschauen, die gefahren werden. Zur Veranschaulichung schauen wir uns daher Beispiele mit Fahrstrecken von jeweils 1000 Kilometern an.

Niedrige durchschnittliche Geschwindigkeit im Stadtverkehr

Im ersten Beispiel gehen wir von der in der Studie angenommenen durchschnittlichen Geschwindigkeit von 30km/h aus. Wie weit fährt jemand, der im Schnitt 30km/h fährt? Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Fahrten fast immer Kurzstrecken (wie z.B. Fahrten zur Arbeit, zum Einkaufen oder zum Besuch von Freunden und Familie) sind. Bei längeren Fahrten über Autobahn oder Landstraßen wäre die Durchschnittsgeschwindigkeit höher. Angenommen, die durchschnittliche Kurzstrecke ist 10 km lang, so beinhaltet unsere Beispiel-Fahrtstrecke von 1000 km 100 solcher Kurzstrecken; die Fahrtdauer wäre ca. 33 Stunden.

Hohe Durchschnittsgeschwindigkeit deutet auf Langstrecken hin

Im zweiten Beispiel schauen wir uns die in der Studie angenommenen 130km/h an.  Um auf diese Durchschnittsgeschwindigkeit zu kommen, wird sehr wahrscheinlich für einen Großteil der Strecke die Autobahn genutzt. Wir gehen also davon aus, dass die jeweils zurückgelegten Strecken länger sind. Wenn wir einen Durchschnitt um die 100 km annehmen, würden unsere 1000 km also 10 solcher Langstrecken beinhalten; Fahrtdauer ca. 8 Stunden.

Welchen Unterschied macht die Betrachtung der Strecke?

Bei Kurzstreckenfahrten kann der Verbrauch eines Elektrofahrzeugs bei Kälte deutlich höher sein als bei Langstreckenfahrten. Dies liegt daran, dass bei jeder Fahrt der Akku des Elektrofahrzeugs aufgeheizt werden muss, um die Leistung des Akkus zu optimieren. Dies erfordert viel Energie. Stellen Sie sich einen 0,5 Tonnen schweren Metallblock vor, den Sie von 0 auf 25°C aufheizen wollen. Dann kriegen Sie einen Eindruck davon, wie viel Energie dafür notwendig ist.

Und hier liegt der Knackpunkt: Bei Kurzstreckenfahrten im Winter muss der Akku auf 1000 km gerechnet viel häufiger aufgeheizt werden (in dem Beispiel 100x) als bei Langstreckenfahrten (in dem Beispiel 10x). Das erhöht den Energieverbrauch pro Strecke massiv. Zudem läuft bei der Vergleichsstrecke von 1000km mit einem Durchschnitt von 30km/h ca. 33h die Heizung, bei 130km/h nur 8h. Auch muss bei Langstrecken selbst bei kühlen Temperaturen der Akku weniger nachheizen, da das Fahren mit hoher Geschwindigkeit eigene Wärme erzeugt und den Akku auf Temperatur hält.

Verbrauchsänderung basiert auf der Streckenlänge

Dies erklärt, wieso die Reichweite beim Abfall der Außentemperatur von 30°auf 0°C bei 30km/h so viel stärker abnimmt als bei 130km/h. Der Verbrauch korreliert zwar mit der Geschwindigkeit; die eigentliche Ursache ist in diesem Fall aber die Streckenlänge. Wäre rein die Geschwindigkeit die Ursache für den Reichweitenverlust, hätten Sie im Winter bei einer Langstrecke, die Sie mit 30km/h statt mit 130km/h fahren, einen höheren Reichweitenverlust. Das ist natürlich nicht der Fall.

Daher ist es wichtig, dass zukünftige Studien die Auswirkungen der Streckenlänge auf den Energieverbrauch von Elektrofahrzeugen berücksichtigen. Nur so können wir ein vollständiges Bild davon bekommen, wie wir den Energieverbrauch von Elektrofahrzeugen weiter reduzieren können.

Ergänzung zum Studienergebnis

Nach diesen Überlegungen möchten wir die Schlussfolgerung aus der Studie daher wie folgt ergänzen: Um also den Gesamtverbrauch eines E-Autos im Winter zu minimieren, ist es sinnvoll, lange Strecken zu fahren und einzelne Kurzstrecken zu vermeiden. Dafür ist es sinnvoll, Fahrten zu planen und zu kombinieren, um die Anzahl der Kurzstrecken zu reduzieren und so den Verbrauch für die Akku-Aufheizung zu minimieren.

(Der Vollständigkeit halber: Was hier unbeachtet bleibt, aber selbstverständlich auch eine große Rolle spielt, sind weitere Faktoren wie Fahrstil, Heizung und Klimaanlage, die ebenfalls einen Einfluss auf den Energieverbrauch haben.